Noch vor wenigen Monaten dachte ich, unser Leben wird nie wieder in geregelten Bahnen laufen. Der Rhythmus dahin, für immer. Von einem Tag auf den anderen.

Richtig glücklich macht mich, wenn der Tag durchgetaktet ist und ich weiß worauf ich mich einstellen kann. Immer vorbereitet, alles organisiert. Klar, dass Termine bei mir weit im Voraus geplant sind. Pünktlich sein gehört für mich zum guten Ton. Spontan kann ich – nicht besonders gut.

Und dann kamst du, kleiner Maus. Hast alles auf den Kopf gestellt, noch bevor du in meinen Armen lagst.

Dafür gibt es keinen Plan

Auch in Bezug auf deine Geburt hatte ich eine klare und sehr romantische Vorstellung – wie die Zeit im Kreißsaal ablaufen würde und wie wir uns in den letzten Stunden auf unser erstes Kennenlernen vorbereiten würden. Aber auf das, was in diesen Stunden passiert, kann man sich nicht vorbereiten.
Eine Geburt ist noch eines der wenigen Dinge in unserem Leben, das nicht planbar ist.

Und so lief auch deine Ankunft ganz anders als in meiner Vorstellung. 
Als wir es geschafft hatten, stand die Welt still – für einen kleinen Augenblick. Alles um mich herum ausgeblendet, nur wir, du ganz nah bei mir. Deine Geburt, war auch irgendwie meine, nämlich die als Mutter. 

Ich hatte natürlich auch eine Vorstellung von mir, als Mutter und wie unsere Zeit im Wochenbett aussehen würde.
Ihr wisst was jetzt kommt: es war vollkommen anders.

Zwischen Windeln, Finger Food und Wäschebergen weiß ich auch heute manchmal nicht, was ich zuerst machen soll, wenn das Baby schläft. 

Ich erinnere mich an die harte, aber schöne Zeit im Wochenbett – als wir zwei, Tag und Nacht auf uns allein gestellt waren.

Kein Papa, der abends nach der Arbeit nach Hause kommt und die liegen gebliebenen Tellertürme spült oder was zu Essen kocht oder der das Baby hält, damit ich endlich mal duschen oder essen kann. 

Mir blieb nichts anderes übrig als alles an Plänen und das was an Tagesordnung erinnert über den Haufen zu werfen und zu warten bis das Baby schläft.
Und dann hieß es: Duschen jetzt oder nie. Aber halt, habe ich heute überhaupt schon Zähne geputzt? Zählt die erste Mahlzeit des Tages immer als Frühstück, auch nach 17 Uhr? Oder ist das Duplo 4 Uhr morgens Frühstück genug?
Und egal für was du dich entscheidest, dein Gehirn spielt dir immer einen Streich. Du bist ganz sicher, dass da eben dein Baby geweint hat – oder vielleicht doch nicht?! 

Was mache ich hier eigentlich?

Zu Beginn hatte ich oft das bedrückende Gefühl, all die Aufgaben nicht in Einklang bringen zu können. Habe mich gefragt, wie andere Mütter das machen – bei denen alles so leicht ausgesehen hat, die ihr Leben im Griff haben, mit einem oder sogar mehreren Kindern.

Am Ende des Tages plagte mich das Gefühl, heute nichts geschafft zu haben. Dinge einfach liegen zu lassen oder sich damit abzufinden, dass man heute eben nicht das Haus verlassen hat, waren eine harte Probe für mich. Genau wie sich dafür zu feiern, dass das einzige was man heute geschafft hat, mit dem Baby einen Mittagsschlaf zu machen, obwohl kunstvoll gestapelte Türme aus dreckigem Geschirr auf einen warten.

Zwischen Windeln, Finger Food und Wäschebergen weiß ich auch heute manchmal nicht, was ich zuerst machen soll, wenn das Baby schläft. 
Und während sich so manche Einschlafbegleitung anfühlt wie eine halbe Ewigkeit, ich abends mal wieder ohne Essen ins Bett gehe oder mein Baby nachts stündlich meine Nähe sucht, weiß ich, diese Momente haben ein Ablaufdatum.
Und ich weiß, dass es überhaupt nicht schlimm ist keinen starren Tagesablauf zu haben. 

Ich habe noch nie so viel Zeit im Bett verbracht und es so sehr geliebt. Immer auf Augenhöhe mit meinem Baby, beim Schlafen, Kuscheln, Stillen oder Spielen. Und sind wir ehrlich, ein Bett ist auch einfach bequemer als der harte Boden. Ich bin ja keine zwanzig mehr.

Ich habe gelernt, dass ein Baby zu versorgen ein verdammt harter Job ist und wenn das alles ist, was ich heute geschafft habe, genug ist.

Ich habe versucht, auch wenn schwer war, alles andere liegen zu lassen. Ich habe gelernt, dass man in seine Rolle hineinwächst und zu viel Lesen kontraproduktiv ist. Ich habe mich frei gemacht, vom Freizeitstress, dem ständigen Gefühl etwas erleben zu müssen.

Ich habe gelernt, dass das Leben jetzt von etwas viel wichtigerem bestimmt ist.

Ich habe versucht die Zeit anzuhalten, jeden Moment auszukosten und auch den schwierigen Situationen etwas Positives abzugewinnen.

Und nur einen Wimpernschlag später, stehst du gar nicht mehr so kleines Wesen vor mir in deinem Kinderbett und lachst mich mit deinen großen blauen Augen an. Von wegen Ewigkeit. 

Fast acht Monate Matti.
Du robbst, du kletterst, du stehst und sitzt. 
Du isst mit uns am Tisch. 
Dein erster Zahn, schon zu spüren – noch nicht da.
Du lachst, du kicherst. 
Du bist laut und du bist leise.
Du brabbelst „Baba” und auch bald, Mama.

Ich erinnere mich an die erste Zeit, in der ich mir vorgestellt habe, wie du jeden dieser einzelnen Meilensteine erreichst. Wie lange es wohl dauern wird. Und doch, habe ich mir jeden Tag gewünscht, dass sich die Uhr langsamer dreht.
Wenn du weiter so machst, läufst du nächste Woche.

Und während ich noch am Anfang unserer Reise dachte, dass die Wohnung für immer ein Schlachtfeld sein wird oder wir nie wieder Termine halten können, ist heute alles so viel leichter.
Und für den Fall des Zuspätkommens, habe ich immerhin die süßeste Ausrede der Welt.


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