Es nieselt, es ist dunkel, es ist kalt – die perfekte Jahreszeit für einen Abend mit einem großen Becher heißen Tee. Ich bin auf dem Weg zum Konfuzius-Institut Leipzig, etwas spät dran und schon wieder leicht gestresst.
Zu spät kommen ist ungefähr so, als ob ich anderen die Lebenszeit stehle und deshalb ist es etwas, das zu den absoluten No-Gos zählt.

Ich trete gehetzt ein, bin jedoch nicht die Letzte in unserer Runde und kann deshalb direkt wieder durchatmen. Ich nehme Platz auf dem Sessel zu meiner Linken, er sieht bequem aus und ich habe einen guten Blick auf die chinesischen Bücher in den Regalen, die die ganzen Wände des Zimmers zieren – genau das richtige Ambiente für die heutige Veranstaltung, denke ich.

Hier stimmt wirklich jedes Detail. Die chinesischen Schriftzeichen auf den Buchrücken, die Dekoration, die Stimmung. Ich freue mich schon auf einen entspannten Abend. Ein, zwei Stündchen Tee trinken, runter kommen und dann ab ins Bett. 

Teezeremonie im Konfuzius-Institut in Leipzig

Vor einigen Wochen war ich auf einer Teezeremonie in Leipzig. Einen derart interessanten und lustigen Abend habe ich nicht erwartet. Es war vollkommen anders als gedacht und ich würde die nächste Runde sofort mitmachen.

Tee kannte ich bis zu diesem Abend nur aus den kleinen Beuteln oder lose aus der Teehandlung – Kräutermischungen oder getrocknetes Früchteschrot. Dass das leider so gar nichts mit Tee zu tun hat, war mir nicht klar. 

Im Konfuzius-Institut stimmt wirklich jedes Detail. Die Gestaltung der Räume, die chinesischen Schriftzeichen auf den unzähligen Buchrücken, die Dekoration, die Stimmung.

Man kann die Teezeremonie im Rahmen einer gemischten Gruppe besuchen oder für eine spezielle Personengruppe organisieren – wir waren sechs Personen und hatten das Vergnügen eines privaten und sehr intensiven Teeseminars. So konnte jeder seine Fragen loswerden, man hatte genug Zeit sich auszutauschen und konnte innerhalb der geplanten zwei Stunden diverse Tees probieren.

Ich dachte die Teezeremonie sei für mich wahrscheinlich nur eine gute Möglichkeit, mit Freunden den Abend zu verbringen – nur mit einem Tässchen Tee anstatt dem kühlen Gin Tonic, den es sonst gibt.

Tee kannte ich bis zu diesem Abend nur aus den kleinen Beuteln oder lose aus der Teehandlung – Kräutermischungen oder getrocknetes Früchteschrot. Dass das leider so gar nichts mit Tee zu tun hat, war mir nicht klar. 
Viel mehr als den mir bis dahin bekannten Tee mochte ich auch nicht.

Grüner Tee oder das als Schwarztee bekannte dunkel gefärbte Wasser ist leider so gar nicht nach meinem Geschmack. Ich mag die herb-bittere Note nicht, schon gar nicht wenn sie noch einen stumpfen Film auf den Zähnen hinterlässt.

Doch das, was wir hier in unseren Breitengraden als Tee kennen, hat rein gar nichts mit der höchst spannenden Teekultur Chinas zu tun, in die wir während der Teezeremonie im Konfuzius-Institut eintauchen konnten.

Da mein Teepott gerne die Größe eines Blumentopfes haben darf, war ich überrascht, als ich die kleinen Schälchen auf dem Tisch sehe. Mein erster Gedanke: Hübsches Design, die machen sich eigentlich ganz gut für Nüsse oder Dips.

… wenn Kultur verloren geht

Obwohl der Abend eine Stunde länger dauerte als geplant, war es nur eine sehr kurze Reise in das Land des Lächelns – mental und geschmacklich.

Es ist erstaunlich, wie wenig wir vom Tee trinken wissen. Wie wenig von der eigentlichen Kultur der chinesischen Tees in unserer Region verstanden oder gelebt wird.

Unser Ausflug in die chinesische Teekultur war alles andere als ein seichtes Abendprogramm. Wir hatten einen sehr lustigen, intensiven, aber vor allem lehrreichen Abend. 

Ich weiß jetzt, dass man Tee in China nicht allein zum Durst löschen oder zum Wärmen trinkt, sondern das Tee trinken in einer Art Zeremonie vollzogen wird – und die Schälchen deshalb so klein sind, wie Schnaps- oder Whiskygläser.

Noch eine Parallele zum genussvollen Alkoholkonsum wird deutlich, wenn man bedenkt, dass unsere Stimmung mit fortschreitendem Teegenuss lockerer wurde. Wir lachten und waren so ausgelassen, wie nach dem ersten kräftigen Schluck Bier oder Wein.

Und während ich dachte, dass der warme Tee mich an diesem Abend in einen sanften und erholsamen Schlaf befördern würde, erzählte der erfahrene Tee-Zeremonienmeister, dass Tee wie ein Aufputschmittel wirkt. Und was soll ich sagen – er hatte natürlich recht.

Ich erfahre, dass man Tee mehrfach aufgießen kann und unbedingt sollte, weil sich der Geschmack verändert. Ich höre zum ersten Mal, dass die aufgebrühten Teeblätter mehrere Tage haltbar sind oder dass das Blattwerk auch roh zum Verzehr geeignet ist.

Zudem rieche und schmecke ich, dass unterschiedliche Gefäße – etwa aus Metall oder aus Ton, wie der traditionelle Gaiwan, für das Zubereiten unterschiedlicher Teesorten zur Verfügung stehen

und dass auch die Wassertemperatur eine tragende Rolle spielt – Experimente bei der Zubereitung aber durchaus erlaubt sind und zu wirklich spannenden Ergebnissen führen können.

Ich lerne auch, dass es verschiedene Teesorten gibt, die sich in ihrer Blattstruktur und Verarbeitung unterscheiden. Dass Tee gut und gerne mehrere tausend Euro wert sein kann und reift wie ein guter Käse oder Wein. Tee kommt tatsächlich in seiner ursprünglichen Form aus China, es gibt aber auch außerhalb des Landes Anbaugebiete.

Und wenn man traditionellen Tee zubereitet, dann kann man leicht mit einem Drogendealer verwechselt werden – denn eine Bestellung aus China landet nicht selten beim Zoll und kommt auch noch in eigenartig geformten Scheiben oder Klötzen aus gepressten ganzen Teeblättern.

Und das, was wir als chinesischen schwarzen Tee kennen ist in Wahrheit roter Tee und der echte schwarze Tee aus China ist in Deutschland weniger verbreitet.

Teezeremonie im Konfuzius-Institut in Leipzig

Ich merke mir: Wichtig bei Tees und für den ausgewogenen Geschmack sind natürlich die Blätter. Sie müssen unversehrt sein, in ihrer natürlichen Form. Sonst geben sie zu viele Bitterstoffe ab.
Und dann wundert mich auch nicht mehr, warum mir der staubige Beuteltee einfach zu herb ist und für stumpfe Zähne sorgt. Ich habe einen absoluten Favoriten unter den chinesischen Tees für mich entdeckt. Der White Moonlight Tee ist genau das richtige für mich – feinsamtig und leicht im Geschmack.

Teezeremonie im Konfuzius-Institut in Leipzig
Teezeremonie im Konfuzius-Institut in Leipzig

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